05 Juni 2009

Nackt unter Fischen

Die Geschichten werden zusehens fremdartiger. Das merke ich irgendwie auch. Der Mensch ist ein Produkt seiner Umwelt und vergleichbar mit einem Gemälde deren Farben und Pinsel die Menschen und Kulturen sind mit denen er/es sich umgibt. Blablabla...

"Hot Spring Business Club", meine Damen und Herren. Da ist man noch Mann. Aufgrund eines Tipps bin ich der Verlockung gefolgt und habe diesen Wellnesstempel betreten. Gar nicht mal weit weg von meinem Apartment und hat auch einiges zu bieten.

Therme, Saunalandschaft, Buffet (morgens, mittags, abends, nachts), Ruhesaal, Massage, Peeling und... aber das kommt erst später. 18 Stunden Aufenthalt für schmale 158 RMB (17 EUR). Massage kostet natürlich extra...

Aber erstmal rein in die Herrenabteilung und aus den Schuhen geschlüpft. Ach so... hier wird übrigens noch streng nach Geschlechtern getrennt. Hat Vorteile, aber auch Nachteile. Eigentlich aber mehr Vorteile... denn hier kennt keiner Scham. In Windeseile raus aus den Klamotten und in aller Herrlichkeit präsentiert. Und was soll ich sagen... schon sehr, sehr wenige nicht-Chinesen. In China wird der Rasierapperat übrigens nur, also ausschliesslich fürs Gesicht benutzt. Ich erlaube mir hier also offiziell die in keinster Weise rassistisch konotierte Bezeichnung "Buschmänner". =D In diesen Momenten ist man dann froh, dass man nicht ebenfalls den Respekt vorm anderen Geschlecht verliert. Mit den steigenden Temperaturen und der daraus resultierenden Sommerkleidung offenbahrt sich zudem auch außerhalb öffentlicher Schwimmbäder mehr und mehr, dass ein gewisser Fetischismus gegenüber wallendem Haar und natürlicher Unbelassenheit an den Tag gelegt wird.

Aber erstmal nackig ins 40 Grad warme Becken gestiegen und mir den Dampf um die Ohren dampfen lassen. Genau das richtige nach einem harten Arbeitstag. Wenn man dann so von nackten chinesischen Geschäftsleuten umringt ist, die lustig Zigarette vor sich hin qualmen und in fremden Zungen vor sich hin brabbeln, da kommt man sich schon wie in so nem billigen Asienmafia B-Actionmovie wo jeden Moment Steven Seagal oder Michael Dudikoff mit Handtuch um die Hüfte die Leute vermöbeln, weil irgendein indianischer Stamm durch die rigorose Zerstörung seines Reservats durch eben diese mafiösen Geschäfte der gewissenlosen Asiaten gezwungen ist zweilagiges statt dreilagiges Toilettenpapier zu benutzen und obendrein der Bruder von Steven oder Michael von dem Boss der Asienmafia vor zwei Jahren beim Eisenfaust-Kampfsportturnier mit seinen eigenen Schuhen zu Tode geprügelt wurde und Steven oder Michael zu dieser Zeit in einem geheimen Einsatz des US Spezialstreitkräfte im nahen Osten Terroristen in Erdlöchern eliminiert, dafür das Purple-Heart erhalten hat und somit nicht in der Lage war eben diesen Tod zu verhindern bzw. der Beerdigung beizuwohnen. Soviel persönlicher Schmerz erfordert Rache durch die Handkante...

Aber zurück in die Realität...

Nachdem ich die einzelnen Becken ausgiebig durchprobiert habe und mich auch kurz in der Sauna vergnügt habe - ich schwitze ja immer unglaublich schnell bei diesen Extremtemperaturen, aber bei dem kräftigen Samoaner, der sich mit mir die Riesensauna teilte floss nicht ein Tropfen... bemerkenswert! - hat ein ganz spezielles Becken meine Aufmerksamkeit geweckt!

Und sowas hab ich auch noch in keiner deutschen Therme gesehen...

In einem runden Wasserbecken (Durchmesser ca. 2,50 m) tummelten sich neben drei Herren ca. 500 Fische. Die zwei bis drei Zentimeter großen Helferlein umschwärmten munter die Herren und nagten sich an deren Epidermis.

Keine Frage... DAS musste ich ausprobieren. Es gab zwar auch extra Protektionsschlüpfer, aber was ein richtiger Mann ist, der lässt den Fisch sich dort laber, wo der Fisch das nunmal mag.

Und kaum hatte ich den ersten Zeh im Wasser, da kamen sie herbeigeschossen. Ich stieg mutig ganzkörperig herein und ließ die Tierchen gewähren. Einmaliges Gefühl, dessen ich nicht angemessen in der Lage bin zu beschreiben. Man kann sich vielleicht einfach vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn man von mehreren hundert winzigen Fischmäulern gleichzeitig angeknabbert wird. So muss sich ein Hähnchenschenkel in frisch eingeschenkter Cola fühlen.

Kitzlig darf man hierbei natürlich nicht sein. Als sich nach und nach die anderen Herren aus dem Becken entfernten, nahm auch der Fischanteil auf meiner Körperoberfläche dramatisch zu. Ich fühlte mich zeitweise als ob ich einen 15-stöckigen Bienenbart tragen würde. Einmalig...

Ach so der Service war leider nicht umsonst... 48 RMB musste ich nochmal draufzahlen und natürlich sagen die einem das erst, wenn man schon verspeist wird, denn dann ist es einfach zu spät um nein zu sagen.

Hab mich also ca. 40 Minuten von aller überschüssigen Haut und was die noch so vertilgen, befreien lassen. Ein echter Spaß...
Und ja... die Fische waren wirklich überall...

Irgendwie pervers, wenn ich das jetzt so reflektiere, aber "When in Rome..."...

Es bleibt natürlich auch zu erwähnen, dass sich ab und zu auch durchaus größere Gesellen unter den Fischen befanden. Das zwickt dann schon und man muss aufpassen, wo die gerade dran herumnagen...

Alles in allem eine echt interessante Erfahrung, die ich leider wieder nicht mit Fotomaterial hinterlegen kann... Hätte aber auch blöd ausgesehen, wenn ich zwischen all den nackten Chinesen mit Fotoapperat herumlaufe und lustig vor mich hinknipse...

Sowas kann ja unter Umstände ganz böse ausgehen...

Also mein Rat an jeden: keine Scheu und legt euch einfach mal nackt ins Fischbecken. Oder einfach mal ein paar Tüten Guppies kaufen und die daheim in der Badewanne schwimmen lassen. A Mordsgaudi!

Einmal Kommissar Rex bitte!

Na das hat ja nur gut 16 (sechzehn) Wochen gedauert.

Des Menschen ältestes Vorurteil wollte ich hier auf die Probe stellen, die kulturellen Unterschiede in all ihrer Prächtigkeit zelebrieren, doch leicht war es nicht.

没有,没有... soweit das Auge reicht...

Ich habe es schon mal zitiert und scheue auch nicht davor hier nochmal einen Filmtitel zu erwähnen, der mir mit Sicherheit bei meiner Wiederkehr (wenn das Flugzeug nicht auf dem Rückweg in zehntausend Meter Höhe explodiert und sich kilometerweit über der Wüste Gobi verteilt...) desöfteren um die Ohren fliegen wird.

In China essen sie Hunde!

Ja!!! Das tun sie... und ich habe es auch getan...
Wie der Kannibale von Rothenburg fühle ich mich nun nachdem er das Glied eines anderen lecker in der Pfanne zubereitet und mit ordentlich Senf (nehm ich an) genüsslich verputzt hat.
Ich gestehe...

Und tatsächlich ist es mir nicht gelungen bei einem hiesigen Chinesen in den Genuß dieser speziellen "Delikatesse" zu kommen. Da musste doch ein Koreaner her. Koreanisch ist auch so ne Sache... Ich bin ja generell nicht so mäkelig wenn es ums Essen geht... - hab ich eigentlich erwähnt, dass ich vor einigen Wochen beim Barbeque knusprig angebratene Seidenspinnerkokons verputzt habe?!? Waren echt lecker. Nun ja, aber bei eiskalten Schleimnudeln in Koriandersauce, da hört bei mir der Spaß auf. Aber wie gesagt stand ja auch Hund auf der Speisekarte.

Das Etablisment in dem diese Speise zu genießen war, war übrigens nicht wirklich das, was man unter einem Restaurant westlichen Standards bezeichnet. War halt eher wie so ein Privathaushalt. Überall kleine Zimmer, in denen dann zu allem Überfluß auch noch Wäsche zum Trocknen hing. Komisch, komisch.

Also flux (1.21 Gigawatt?!? 1.21 GIGAWATT?!?) an den knöchelhohen Tisch geflehtzt und die Bestellung aufgegeben.

Nach kürzester Zeit traf dann auch das Mahl mit unverkennbarem Duft ein. Roch schon ein wenig streng... So ein klein wenig wie nasser Hund halt. Ich war mir sicher - hier wird man nicht übers Ohr gehauen. Wo Hund draufsteht, da ist auch Köter drin.
Das Fleisch war ungewöhnlich dunkel, hatte also fast schon Wildcharakter. Aber wesentlich faseriger als alles, was ich bisher so gesehen und verdrückt habe.

Dann war es soweit... der erste Bissen (es war natürlich wieder Chinatypisch in mundgerechte Häppchen zerstückelt) hat am meisten Überwindung gekostet. Wenn ich immer so vorher von einem Hundegericht fantasiert habe, dann schwebte mir immer ein prächtiger deutscher Schäferhund vor Augen. Oder Dalmatiner oder sonst was edles. Das Stückchen was sich aber nun zwischen meinen beiden Essstäbchen befand, erinnerte mich nur an eines - eine dreckige, verlumpte Promenadenmischung, die hier desöfteren als Hund bezeichnet wird. Mir wurde ganz flau...

Aber bezahlt ist bezahlt und immer hin hat das Tier ja ein wesentlich höheres Opfer gebracht als ich... Also Augen zu und durch.

Konsistenz okay, könnte ein wenig zarter sein. Geschmacklich so ein wenig im Kaninchenbereich anzusiedeln allerdings mit durchdringenderem Nachgeschmack - Gosse, vermute ich.

Hab so ca. die Hälfte des Teller geschafft, dann setzte bei mir ein Sättigungsgefühl ein, welches das Hungergefühl, das nie so wirklich da war nachdem ich den Teller erspäht habe, restlos verdrängte.

Ja, ich habe Hund gegessen. Das kann ich nun behaupten. Ob das etwas ist womit man wissentlich angeben sollte sei dahingestellt. Zumindest bin ich nun einer der Menschen die Straßenköter mit Absicht bestellt und unter voller Kenntnis verspeist haben.

Einen Tag später dann übrigens... aber das hebe ich mir vielleicht für eine nette Herrenrunde über ein, zwei Bier auf!!! =D

Was noch zu erwähnen wäre: man hatte ja auch die Möglichkeit Hundefleisch mit Haut und Knochen zu bestellen, aber das ging mir dann doch ein wenig zu weit (vorerst).

Jetzt bin ich kulinarisch schon ganz schön weit gereist. Mal sehen wo mich mein Magen noch hinverschlägt. Vielleicht nach Japan. Ich wollte ja immer schon mal Delfinflosse oder Blauwalsteak naschen.

Kapitel XVII - Der Verdruß nagt unablässig

Bockig, ja, bockig bin ich...

Wenn ich hier keine richtigen Bilder und Videos posten kann, wo ist denn dann der Sinn?!?
Es schleift und schleift und keine Besserung bezüglich der Internetaccessability in Sicht. Narf, Alter...

Besonders weil ich ja ab nächste Woche für elf spektakuläre Tage im aufstrebenden Shenyang verweile. Auch hier sind ja wieder jede Menge Fotos vorprogrammiert...

Aber so wie es momentan aussieht, wird das alles warten müssen bis ich wieder in motherfuckin' Berlin bin. *schnüff*

Kein Grund den Teufel an die Wand zu malen, das Kind mit dem Bade auszuschütten, die Perlen vor die Säue zu werfen... Es wird noch einige textbasierte Updates geben... So wie das nächste zum Beispiel...