11 April 2009

Wutaishan VIII - Ein einmaliges Erlebnis

Dies nun also der Bericht zum vorher ausgelassenen Tempel... Der Kreis schließt sich. Episode 3 quasi...
Warum dieser nun extra erwähnt wird... Nun an der Optik kanns ja schon mal nicht liegen, denn die war nicht wesentlich anders als bei den anderen Tempeln.

Es liegt auch nicht daran, dass beim Betreten der Anlage drei der Mönche mit ihren Mobiltelefonen rumspielten und einer mich mit einem kessen "Hey, hello!" begrüßte.

Der Grund ist... aber holen wir (mal wieder) ein wenig weiter aus...

Das Wetter erreichte seinen absoluten Klimax. Es war warm, sonnig und durch und durch frühlingshaft. Ein echter Traum und in keinster Weise mit der Wettervorhersage übereinstimmend. Von wegen Schneeregen und 3°- 5°C. Das war ja wohl mal Mumpitz.

So langsam plagte uns der Hunger und wir sagten uns... Nun gut noch schnell den einen Tempel angeschaut und dann ab zurück ins Dorf, um dort in eine Gastwirtschaft einzukehren. Gesagt! Getan?

Wie bereits erwähnt, wurde hier optisch nicht allzu schweres Geschütz aufgefahren, aber um euch ein Rahmen zu liefern, hier trotzdem mal ein paar Impressionen.






Das eigentlich besondere waren die Mönche. Wie schon erwähnt, tickerten eine Vielzahl dieser auf ihren Mobiltelefonen rum und planten da vermutlich die nächste Tempelparty mit ihren Buddies vom anderen Ende des Tals. Immer tausend Stufen hoch und runter, das ist ja nicht mehr zeitgemäß.

Auch einer der älteren Kaliber, der direkt vorm "Zentraltempel" stand und dort die wenigen Touristen anquatschte, die den Weg hierher fanden, hinterließ umgehend einen bleibenden Eindruck.

Ich muss erwähnen, dass Xiao Yu hier mit einem einmaligen Einfall auftrumpfte.

"Let's start a conversation with the monk, shall we?!?"

Da sich mein Chinesisch immer noch auf Säuglingsniveau bewegt, war es ja eigentlich klar, dass ein solcher Einfall nicht von mir kommen konnte.

Und los ging es. Nach überhöflicher Begrüßung, bat uns der Mönch auch sogleich neben ihm Platz zu nehmen. Klasse! Der erste Schritt war getan. Tja und was soll ich sagen? Als es dann richtig losging, konnte ich leider inhaltlich nicht mehr ganz mitkommen. Nur soviel... Der Mönch hatte eine unglaubliche Ruhe in seiner Stimme und wieviel Zeit er sich nahm, um seine Gedanken zu formulieren... tja, man hat schon gemerkt, dass da was dahinter steckt. Die Aufgabe als Simultanübersetzerin erfüllte meine Reisebegleiterin jedoch nur mangelhaft. Nach einem, ich schwöre und übertreibe nicht, mehr als viertelstündigen Monolog des Mönchs fasste sie seine Aussage in ca. 15 Worten zusammen. Da konnte doch was nicht stimmen und das, was da auf der Strecke blieb, damit könnte man sicherlich Bücher füllen.

Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass dies die philosophisch und spirituell tiefste Unterhaltung war, der ich beiwohnen durfte und von der ich leider kein Wort verstand... Eigentlich lustig, wenn man drüber nachdenkt.

Wir verbrachte so bei wundervollem Frühlingssonnenschein mehr als 2 Stunden auf dem Hof unter permanentem Mönchsgeplapper. Er kramte dann noch mehrere Bücher raus und ich war froh, dass einige von ihnen so reich illustriert waren.

Das eigentlich reinschmetternste Erlebnis sollte aber noch folgen. Der Mönch lud uns ein mit den anderen im Tempel Mittag zu essen. Der Grund hierfür war, wenn ich meiner Dolmetscherin Glauben schenken darf, dass mir der Mönch als Ausländer seine Kultur und seine Gastfreundschaft demonstrieren wollte. Und da wir ja auch noch nichts zum Mittag hatten, passte das natürlich wie die Faust aufs Auge!

Umgehend bejahten wir sein Angebot und wurden sogleich vom Azubi-Mönch zur Speisehalle geführt.

Leider gab es auch hier wieder nicht die Möglichkeit Bilder zu schießen, aber da muss halt mal die Vorstellungskraft herhalten.

Eine große Halle mit kniehohen Tischen dominierte das Bild. Die Mönche saßen schon alle da und schlürften und schmatzten bereits. Wir nahmen Platz und wurden umgehend von einem Mönch mit Brille - Marke "Dalai Lama" - bedient. Fleisch und Bier wurden hier natürlich nicht angeboten, aber wir wurden auch so satt.

Drei Schüsseln wurden aufbereitet. Eine mit Seetang-Suppe, eine mit Reis und Bambusschnipseln und eine mit Tofu-Ragout und kleinen chinesischen Gewürzgürkchen. Dazu gabs noch... ich nenn sie mal Pizzabrotecken.

Die eigentliche Frage war: gelten hier normale chinesische Essregeln, d.h. unter keinen Umständen aufessen und so Sättigung demonstrieren oder den Gastgeber ehren und durch Aufessen zeigen, dass kein Essen sinnlos verschwendet werden soll. Wir waren ratlos...

Das Bauchgefühl sagte uns aber uns an Plan B zu halten. Und bei drei vollen Schüsseln und Pizzabrot, war das schon ne Aufgabe. Aber wir waren ja auch hungrig. Und zu meiner Überraschung schmeckte es gar nicht mal so schlecht. Ich könnte es zwar nicht jeden Tag essen und dass es aus Blecheimern serviert wurde, war auch nicht so super, aber man soll ja nicht immer nur rummäkeln.

Es war übrigens, abgesehen vom Schmatzen und Rülpsen nicht ein Mucks zu hören. Sehr ungewöhnlich für chinesische Verhältnisse, herrscht doch sonst immer eine ohrenbetäubende Lautstärke egal wo und wann man sich befindet.

Lustig nur, dass mitten während des Essens plötzlich ein Gong geläutet wurde und der Obermönch (mit geschmackvoller Kappe) anfing einen Singsang einzuläuten. Alle Mönche legten ihre Stäbchen beiseite und stimmten umgehend mit ein. Interessant, aber wieder habe ich, sowie auch Xiao Yu, nicht ein Wort verstanden. Anschließend standen alle Mönche auf und verließen die Halle.

Was nun?!? Auch aufstehen und das halb angebissene Pizzabrot liegen lassen? Nein! Der Brillenschlumpfmönch war ja auch noch am Essen. So aßen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten brav auf, spendeten dem Tempel noch ein kleinen Betrag und verließen die Nahrungshalle.

Tolle Erfahrung, die man durchaus nicht jeden Tag macht. Bei Gehen bedankten wir uns nochmal bei dem Mönch, der uns diese Möglichkeit überhaupt erst eröffnet hat. Diesmal war ich aber aktiver, blickte ihm tief in die Augen, bedankte mich intensiv und höflich (wie es nunmal meine Art ist) für seine Gastfreundschaft und die einmaligen Erinnerungen, die ich von nun an mit diesem Tag und diesem Ort verknüpfen werde und ließ Xiao Yu für mich simultan übersetzen.

Und ich konnte es mir einfach nicht verkneifen ihn noch um Fotos zu bitten, die meine Erinnerungen stützen sollen. Er willigte ein und nun zieht euch doch mal diese Schnappschüße rein!





Dass es ungefähr zehn Minuten dauerte, bis ein weiterer Azubi-Mönch die Kleidung so gewickelt hatte, wie es nun auf den Fotos zu sehen ist, muss einfach erwähnt werden.

Eine tolle Erfahrung, ein einmaliger Tag und einer der Ecksteine meines bisherigen Auslandsaufenthaltes.

Nur der Mönch selber hat es noch geschafft sein Bild ein wenig zu trüben, indem er - ungelogen - beim Gehen Xiao Yu nach ihrer Handynummer fragte. Etwas perplex gab sie sie ihm. Und ungefähr eine halbe Stunde nachdem wir den Tempel verlassen hatten, klingelte auch schon das Telefon und der Mönch bat uns zurück zu kehren, weil er uns noch zeigen wollte, wie man richtig betet. Also das war ja dann an Absurdität nicht mehr zu überbieten und wir lehnten mit der Begründung ab, wir hätten schon Bustickets und müssten schleunigst zur Haltestelle.

Wer weiß in welchen Menschenhandelsring man bei Annahme des Angebots verkauft worden wäre. Es ist nie schlecht sich ein gewisses Maß an Misstrauen zu erhalten.

Und selbst trotz dieses kleinen Vorfalls, war das Erlebnis Wutaishan einmalig und wirkt selbst auf mich im Nachhinein mehr als unglaubwürdig. Ich kann jedoch nichts weiter tun als hier aufrichtig zu schwören, dass sich alles wirklich so zugetragen hat. Komischer Tag!

Bei der Busfahrt nach Taiyuan (Hauptstadt der Provinz Shanxi) ließ ich das Geschehene nochmal Revue passieren und genoss die Berglandschaft Chinas noch einmal ausgiebig. Doch mehr von Taiyuan und dem Rest der Reise demnächst.

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