09 März 2009

Kapitel V - Assimilation initiated

Ein Monat ist ja jetzt schon rum und nur fünf liegen noch vor mir. Hört sich vielleicht jetzt nicht so spektakulär an, jedoch hab ich das Gefühl, dass die Zeit hier wirklich vorbeirast. Es ist schon sehr erschreckend, wie quasi das Leben in gigantischen Schritten voranschreitet.

Es freut mich natürlich einerseits, da ich so demnächst wieder die Chance habe mein gewohntes Leben in meiner geliebten Knuddelhauptstadt Berlin aufzunehmen. Endlich wieder freie Mackenentfaltung mit Jessi und natürlich auch endlich wieder Musik mit meiner Fat Banana. Familie und die guten Freunde darf man hierbei ja nun auch nicht vergessen.

Auf der anderen Seite fange ich aber auch gerade an, dass Leben hier zu geniessen. Ich möchte nicht von Anpassung reden (noch nicht), da ich ja nicht hier bin um in der chinesischen Masse unterzutauchen, aber ich merke erst jetzt, wie gross die Welt eigentlich wirklich ist. Ich will nicht zu philosophisch werden (vermutlich würde mir das eh nicht gelingen), aber insbesondere an den Wochenendtage, wo ich gerne auch mal einen Tag nur für mich alleine verbringe und so die Chance habe die Eindrücke um mich herum ohne Ablenkung wie ein Schwamm aufzusaugen, denke ich verstärkt ueber... tja... wie soll ich sagen... das Leben an sich nach.

Versteht mich nicht falsch ich bin nicht unglücklich mit dem Leben, was ich bisher geführt habe... in keinster Weise. Aber dadurch, dass man wirklich in einer komplett fremden Umgebung lebt, spürt man das Leben viel stärker. Und ich bedauere es, dass man nicht die Möglichkeit oder vielleicht eher die Zeit hat, mehr solche Erfahrungen zu machen. Jedenfalls nicht ohne seine Heimat und dadurch auch seine sozialen Kontakte zu strapazieren und möglicherweise aufzugeben. Das möchte ich nun ja auch nicht. Schwierig das irgendwie in Worte zu fassen, aber ich hab ja schon mal geschrieben, dass ich mich hier so ein bisschen wie ein Kleinkind fühle. Der einzige Unterschied ist, dass ich diese Erfahrung bei vollem Bewusstsein (ausser Freitagabends) und bei voller geistiger Reife (*hüstel*) mache.

Der Mensch ist ja auch nur ein Produkt seiner Umwelt und ich bin definitiv neugierig darauf, was diese Zeit hier in mir bewirkt. Irgendeine Veränderung wird das ganz klar nach sich ziehen. Wie gesagt war ich mir bisher wohl einfach nicht der Größe dieses Planeten bewusst. Schlauerweise koennte man hier wieder besserwissern, dass durch Globalisierung die Welt in ein globales Dorf reduziert wird, aber den Eindruck habe ich nun wirklich nicht. Sicher gibt es viele Einflüße aus dem Westen und Osten auch hier, aber die Kultur ist dennoch grundverschieden und es wäre arrogant zu behaupten, dass ein paar Jahrzehnte intensiver wirtschaftlicher Vernetzung daran sehr schnell rütteln koennen. Man muss sich ja als Gegenbeispiel nur mal Brandenburg ansehen - ein Bundesland, welches die zweitgrößte europäische Metropole umschließt und dennoch gerade so die Bronzezeit erreicht hat.
Globalisierung kann insofern hauptsächlich in Großstädten erfolgen und selbst hier sind es immer noch die Unterschiede und nicht die Gemeinsamkeiten, die überwiegen. Bis sowas jedoch die kleineren Städte und Dörfen erreicht... Tja... da wird es wohl noch ewig dauern.

Was ich jedoch eigentlich sagen wollte... Weiss ich jetzt auch nicht mehr...

Ach doch... Ich hoffe also nur, dass ich nicht zuviel von meiner unbeschwingten Persönlichkeit einbuesse. Bisher hat es mir eigentlich immer Spaß gemacht, dass Leben als reines Spiel zu sehen und soviel Spaß wie möglich zu haben. Denn wenn man ganz ehrlich ist, gilt doch insbesondere hierbei, dass der Weg das Ziel ist. Einmal im Ziel angekommen, gibt es nämlich nichts... nichtmal Kuchen. Zumindest ist das meine Meinung als Atheist, aber hier scheiden sich ja die Geister (bzw. Geistlichen).

Also es macht mir wirklich sehr viel Spaß hier zu sein und ich habe wirklich das Gefühl, dass dieser Aufenthalt schon meinen Horizont erweitert... Manchmal allerdings so stark, dass einem fast der Kopf platzt.

Ich mag auch wirklich die Kultur - damit meine ich jetzt nicht vorrangig die jahrtausende alte Geschichte, sondern vielmehr, was diese aus den Menschen gemacht hat. Irgendwie kommt sie mir in so vielen Dingen entgegen, die ich in Deutschland vermisse. Ich wusste schon, das mir Asien liegen würde - zum Glück hab ich mich da nicht verschätzt. Auf der anderen Seite fällt mir aber auch auf, wie schön Deutschland (oder vielmehr Berlin) eigentlich ist. Ich wünschte, ich könnte beides einfach verknüpfen, aber das wird wohl nicht so einfach möglich sein. Und da ich nun mal für mein Leben gerne Käse esse, richtigen Orangensaft trinke und Cornflakes mit eiskalter Milch aus echten Kuheutern esse, bleibt fuer mich wohl im Zweifelsfall wohl definitiv nur das Leben in Berlin.

Aber es macht auch Spaß hier neue und grundverschiedene Leute kennen zu lernen, in denen man dann doch mehr Gemeinsamkeiten entdeckt, als man anfangs vermutet. Man lernt soviel von einfachen Konversationen und da ich mich ja in der Regel auch nur angeregt unterhalten kann, wenn ich das Gefühl hab, dass das etwas bringt (ich mag einfach keine sinnlosen Diskussionen über was auch immer z.B. Wegbeschreibungen oder Spritverbrauch), fühl ich mich hier wie ein echtes Plapperäffchen. Ist vielleicht aber auch nur, weil das Umfeld auch ein bisschen ruhiger und zurückhaltender ist und so meiner eigenen Mentalität mehr entspricht. Aber wie schon mehrfach erwähnt... Tolle Erfahrungen.

So jetzt aber genug von so komischem Gelaber über hier und da und jetzt und später. Aber vielleicht werde ich die "Kapiteleinträge" von jetzt an immer dafür nutzen einen kleinen Einblick in meine mentale Verwirrtheit zu geben. Vielleicht aber auch nicht. Ich dachte nur, dass das besonders für mich interessant ist, sowas im Nachhinein mal zu lesen - einfach um mal zu dokumentieren, wo ich an einem bestimmten Punkt in meinem Leben gestanden habe.

Wem das nicht gefällt oder wen das nicht interessiert - was ja durchaus möglich ist bei der Vielzahl an Blabla, der kann ja von jetzt an immer den ersten Eintrag der Woche überspringen.

Aber hier noch ein ganz kleines Update fuer alle Fischfreunde. Ein neues Glas mit Totgeweihten steht seit heute im Büro. Acht weitere Freunde - noch ahnungslos über ihr baldiges Schicksal. Ich werde mich definitiv zurückhalten dieses Mal erneut solch eine tiefe emotionale Bindung aufzubauen. Einfach wegsehen und das Massensterben geschehen lassen. Hinterher dann behaupten "Nee, also davon hab ich gar nichts gewusst!"

Ich denke, so eine Verhaltensweise liegt mir als Deutscher ja auch gewissermaßen im Blut!!!

Aber egal. Viel Spaß bei dieser Woche wünsche ich euch und mir aber auch. Mal sehen, was so passiert.

Mit Küssen aus der Ferne

Ihr Reporter vor Ort

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wow, so viel Tiefsinn habe ich dir bisher nicht zugetraut... Interessant, interessant lieber Schwager. Mal sehen, was China noch alles in dir bewegt. Ich werds ja hier lesen. Tolle Erfindung! LG aus Golm kurz nach der Bronzezeit

Anonym hat gesagt…

Ich kann nur wieder sagen und hoffen, dass aus Deiner Reise ein paar Songtexte entstehen!!! Nicht nur für neue Songs, sondern evt. auch schon musikalisch vollendete, denen noch der letzte Schliff in Form von Literatur fehlt. Hoffe,
Du kannst diesen Gefühlskarneval irgendwie in knappe Worte fassen!
Dann bleibt's mir nänlich erspart!:)

P.S.: Ich glaube, Käse, Orangensaft und Cornflakes mit Kuheutermilch (geiler Songname) gibt's auch in Brandenburg!!!^^

Bazooka Boy hat gesagt…

Natuerlich gibts das auch in Brandenburg. Allerdings wird hier direkt aus dem Rinnsaal gefruehstueckt... Sozial besser gestellte Kreise habe sogar einen Trog!

Es geht bergauf...

Langsam, aber immerhin.

Tja bezueglich der Laenge des Posts kann ich nur sagen, dass ich einfach so drauf losgeschrieben habe... Tagebuch halt... Da wurde nicht mehr gross rumeditiert. This is the raw stuff, man!

Werd mich trotzdem bald mal wieder kuerzer fassen...